Von Abmahnwellen und Spamtsunamis

Seit Wochen mahnt die Regensburger Anwaltskanzelei Urmann + Collegen (U+C) massenhaft Nutzer der Streamingseite Redtube ab. Neben saftigen Gebühren, bekommen die Nutzer noch Unterlassungserklärungen zum Unterschreiben zugeschickt.

In der Region Vogtland haben sich in der letzten Zeit über 50 betroffene Besucher der oben genannten Pornoseite bei der Verbraucherzentrale gemeldet um sich beraten zu lassen. Die Dunkelziffer dürfte aber noch etwas höher liegen, denn aus Scham oder Unsicherheit melden sich viele Leute nicht erst und unterschreiben die zugesandten Unterlagen. Laut Angaben der hießigen Verbraucherzentrale sollte man die geforderten Geldbeträge nicht gleich und die Unterlassungserklärung nicht unterschreiben. Weiterhin gilt der Rat vorher erst eine rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Rechtliche und anwaltliche Beratungen bieten beispielsweise die Verbraucherzentralen vor Ort. Auf keinen Fall sollten die Abmahngebühren ungeprüft überwiesen werden und die Unterlassungserklärung ohne rechtlichen Rat unterzeichnet werden.

Was ist mit Abmahn-Mails?

Die Abmahnwelle der Regensburger Kanzlei U+C ruft natürlich auch Trittbrettfahrer auf den Plan. In E-Mails drohen sie beliebigen Leuten und mahnen diese im Namen der oben genannten Kanzlei oder anderen Anwälten ab. Den Mails liegt ein Anhang bei, der Rechner mit Trojanern und Maleware infiziert. So können Daten ausgelesen und mißbraucht werden, aber auch Dateien auf dem Rechner zerstört werden, oder der Computer selbst durch Hintertüren gekapert werden. Die Mails können getrost gelöscht werden. Laut der Verbraucherzentrale haben E-Mails keine rechtliche Handhabe vor Gericht, sind also dort bedeutungslos.

Fazit

Was Urmann + Collegen mit Redtube getan haben, war augenscheinlich nur die Spitze des Eisberges. Wegen Streaming abzumahnen steht auch rechtlich gesehen auf wackeligem Fuß. Wer weiß wie lang diese Kanzlei damit durchkommen wird, oder wie die Gerichte in solchen Fällen künftig entscheiden.

Begriffserklärung

Streaming: Diesen Begriff kann man am besten mit einer Sendung oder einem Film im Fernsehen vergleichen. Ein Anbieter von Content (neudeutsch für Inhalt) sendet von irgend einem Punkt der Welt aus einen Film. Dieser wird dann zuhause empfangen und kann direkt während der Sendung angesehen werden. Das geschieht beispielsweise über Satelitt, Kabel oder eben das Internet.

Nur kann man im Internet recht genau bestimmen, wer auf die Inhalte eines Anbieters zugreift, denn jedem DSL-Anschluss wird eine IP-Adresse zugeordnet. Wird diese mit einem Zeitstempel (beispielsweise Zeitpunkt des Zugriffs auf einen Film) versehen, kann man über eine Provideranfrage, die richterlich genehmigt werden muss, den Anschlussbesitzer herausfinden.

Beim Streaming empfängt man nur Daten in Form von Filmen und Musik, man könnte sie wie beim Fernsehen auf dem Computer speichern (neudeutsch für aufnehmen). Streaming bedeutet also gleichzeitiges Senden und Ansehen eines Filmes.

Da liegt der Unterschied zu Peer-to-Peer Tauschbörsen dem Filesharing. Hier lädt man sich Daten aller Art (Musik, Filme, Bilder, Word-Dokumente etc. etc.) auf seinen PC. Diese Daten liegen verteilt bei mehreren anderen Computernutzern auf den Rechnern.

Lädt man sich dort beispielsweise einen Film herunter, kann man diesen nicht gleich ansehen, man muß warten bis er fertig geladen ist. Während der Film vom Internet auf den eigenen PC lädt, werden die empfangenen Bits und Bytes dieses Filmes schon wieder anderen Leuten zur Verfügung gestellt.

Kurz: Man empfängt (Download) und sendet (Upload) zugleich. Hier kommt es ganz auf den Inhalt an. Meist sind Bilder, Filme und Musik urheberrechtlich geschützt. Aber es gibt natürlich auch Musik, Bilder, Software, Filme, die einem Wust an Lizenzen unterliegen, die das freie Tauschen und Bearbeiten erlauben (in engen oder weiteren Schranken). Dazu gehören beispielsweise die Lizenzen der Creative Commons (meist für künstlerische Inhalte) oder die GNU/(L)GPL für Softwarelizenzen (beispielsweise für Linux, Openoffice oder Libreoffice).

Update am 17. Dezember

Beim klassischen Streaming von Filmen und Musik, man kennt es ja von Youtube, werden Daten vom Server auf den Computer übertragen, meist sogar etwas schneller als man sich den Film ansehen kann oder das Musikstück anhören kann. Das nennt man im Fachjargong das sogenannte Buffering (neudeutsch für Puffern oder zwischenspeichern). Das sorgt dafür, daß der Film nicht zwischendurch ruckelt und die Musik nicht aussetzt. Und das sehen die Anwälte als Verfielfältigung.

Beauftragt wurde die regensburger Anwaltskanzle Urmann + Collegen von einer schweizerischen Firma The Archive AG Unterlassungserklärungen in Deutschland zu versenden. Bisher gibt es in Deutschland noch kein Gerichtsurteil, welches das Streamen von Inhalten im Internet verbietet. Auf Europäischer Ebene gibt es eine Richtlinie mit der Nummer 2001/29/EG. Als diese Richtline 2001 beschlossen wurde, gab es das Streaming noch nicht.

Jetzt muß man auf gültige Gerichtsurteile warten, aber es gibt Gerichte, die in dieser Hinsicht ganz unterschiedlich urteilen mögen oder ihre Urteile ganz unterschiedlich begründen.